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Internationales Kauf- und Handelsrecht

In Zeiten des globalen (Online-) Handels ist das internationale Kauf- und Handelsrecht von enormer Bedeutung. Grenzübergreifende Geschäfte sind an der Tagesordnung.

Folge ist die überproportionale Zunahme des grenzüberschreitenden Warenhandels gegenüber der Weltwarenproduktion.

Dies wird besonders deutlich, wenn man sich die Außenhandelsquote anschaut: Nach Angaben der United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) stieg der prozentuale Anteil der Warenexporte und -importe am weltweiten BIP von 19,0 Prozent im Jahr 1970 auf 51,1 Prozent im Jahr 2008 (2020: 41,8 Prozent). Deutschland hat als "Exportnation" eine überdurchschnittlich hohe Außenhandelsquote – 2020 lag sie bei 67,3 Prozent.

Der nominale Wert des weltweiten Warenexports lag im Jahr 2019 bei 19,0 Billionen US-Dollar und im Jahr 2020 bei 17,6 Billionen US-Dollar. 1

Am häufigsten werden im Rahmen des weltweiten Warenhandels Kaufverträge abgeschlossen. 2 Hierauf soll sich der Focus der nachfolgenden Betrachtungen richten.

Schließen Vertragspartner aus verschiedenen Nationen einen Kaufvertrag. so stellt sich die Frage, welchen Inhalt hat der Vertrag und welches – nationale oder internationale - Recht ist anwendbar und vor welchem Gericht ein eventueller Rechtsstreit geführt werden muss.

Zu unterscheiden sind dabei Kaufverträge mit (deutschen) Verbrauchern und B2B (Business-to-Business) Geschäfte.

Verträge mit (deutschen) Verbrauchern innerhalb der Europäischen Gemeinschaft

Ist der Käufer ein Verbraucher im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)3, so steht ihm zunächst – innerhalb der Europäischen Union – ein einheitliches Widerrufsrecht von 14 Tagen zu.

Im Zuge der Umsetzung der Verkaufsgüterrichtlinie der Europäischen Union kam es in Deutschland 2001 zu einer umfassenden Schuldrechtsreform, mit der das deutsche Schuldrecht an die Anforderung dieser und weiterer Richtlinien der EU angepasst wurde.

Gerichtsstand

Bei innereuropäischen Geschäften gilt zugunsten des Verbrauchers folgendes:

Der Verbraucher hat die Wahl, wo er eine Klage erheben möchte.

Er kann entweder vor den Gerichten des Mitgliedstaates Klage erheben, in dessen Hoheitsgebiet sein Vertragspartner seinen Sitz oder Wohnsitz hat, oder - und hiervon wird er in der Regel Gebrauch machen – vor seinem eigenen Wohnsitzgericht 4

Welches Recht findet Anwendung?

Hat man das zuständige Gericht einmal ermittelt, ist anschließend festzustellen, welches Recht angewendet werden muss. Zu diesen Zweck ist die europäische Verordnung Nr. 593/2008 (Rom-I-Verordnung) in Kraft getreten, deren Vorschriften das Übereinkommen von Rom von 1980 ersetzt haben und die in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Anwendung findet, außer in Großbritannien und Dänemark, wo nach wie vor die Bestimmungen des Übereinkommens von Rom 1980 gelten.

Die Verordnung Nr. 593/08 sieht vor, dass die Vertragsparteien das auf den Vertrag anzuwendende Recht wählen können. Trotzdem hat dieses Prinzip bei Verträgen, die von Verbrauchern abgeschlossen wurden, seine Grenzen. Verträge mit Verbrauchern unterliegen dem Recht des Landes, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern das Unternehmen des Vertragspartners:

- seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in dem Staat ausübt, wo der Verbraucher seinen gewöhnlichen Wohnsitz hat, oder

- eine solche Tätigkeit auf irgendeine Weise auf diesen Staat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Staates, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.

Auf keinen Fall darf die freie Rechtswahl, die zwischen den Parteien grundsätzlich möglich ist, dazu führen, dass dem Verbraucher ein Schaden zugefügt wird, weil ihm der Schutz entzogen wird, der ihm von zwingenden Vorschriften des Staates, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, gewährleistet wird, sofern dieser vorteilhafter ist 5.

Das bedeutet im Fall deutscher Verbraucher, dass zum Beispiel von den zwingenden gesetzlichen Regelungen über die Zulässigkeit von AGB-Klauseln 6 in Verbraucherverträgen nicht zu Ungunsten des Verbrauchers abgewichen werden darf.

Verträge mit (deutschen) Verbrauchern außerhalb der Europäischen Gemeinschaft

Was aber gilt, wenn ein deutscher Verbraucher einen Kauf mit einem Händler außerhalb der Europäischen Gemeinschaft schließt?

Zunächst gilt das Prinzip der einverständlichen Rechtswahl. Bestellt ein Verbraucher zum Beispiel seine neuen Computer bei einem Händler in den Vereinigten Staaten und beide vereinbaren die Geltung deutschen (oder US-amerikanischen) Rechts, so ist die Sache einfach: anwendbar ist das vereinbarte Recht! Die einverständlichen Rechtswahl ist auch noch nach Vertragsschluss möglich, so etwa im Falle einer zu führenden gerichtlichen Auseinandersetzung. Zu beachten ist allerdings, dass nach den verschiedenen Rechtsordnungen unter Umständen die einverständliche Wahl des Rechts an bestimmte Formerfordernisse gebunden ist.

Ermittlung des ausländischen Rechts

Steht fest, dass ausländisches Recht anwendbar ist, so ist sein Inhalt zu ermitteln.

Auch ein deutscher Richter hat von Amts wegen die maßgeblichen ausländischen Rechts-vorschriften festzustellen und sich hierbei aller erreichbaren Erkenntnisquellen zu bedienen. Dabei sollen ihn die Parteien nach Kräften unterstützen. Umstritten ist, ob sich der deutsche Richter im Wege des Zeugenbeweises des Gutachtens eines ausländischen Juristen bedienen darf oder ob er sich die Kenntnis des ausländischen Rechts aus eigener Kraft zu verschaffen hat.

In der Praxis wird von den meisten Gerichten ein Gutachten bevorzugt. Die genaue Ermittlung ausländischen Rechts sollte stets einem ausländischen Juristen vorbehalten werden.

Dies ist jedenfalls dann zwingend erforderlich, wenn Rechtsbegriffe in verschiedenen nationalen Rechtsordnungen unterschiedlich verstanden werden.

Grundregeln des UN-Kaufrechts

Das UN-Kaufrecht; (englisch: United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods; CISG) vom 11. April 1980 ist ein völkerrechtlicher Vertrag über das für den internationalen Warenkauf maßgebliche Recht.

Das Übereinkommen regelt den Abschluss von Kaufverträgen und die daraus resultierenden Rechte und Pflichten des Verkäufers und Käufers.

Der völkerrechtliche Vertrag vom 11. April 1980 7 wurde am 1. Januar 1988 von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert und gilt seitdem als innerstaatliches (deutsches) Recht. Weltweit sind inzwischen 95 Staaten dem Übereinkommen beigetreten 8

Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts

Nach Artikel 1 des Übereinkommens kommt das UN-Kaufrecht (nur) bei Kaufverträgen über bewegliche Waren zur Anwendung, wenn die Vertragsparteien ihren Wohnsitz oder ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben und wenn diese Staaten Vertragsstaaten sind oder wenn die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates führen.

Die Tatsache, dass die Parteien ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben, wird nicht berücksichtigt, wenn sie sich nicht aus dem Vertrag, aus früheren Geschäftsbeziehungen oder aus Verhandlungen oder Auskünften ergibt, die vor oder bei Vertragsabschluss zwischen den Parteien geführt oder von ihnen erteilt worden sind.

Unerheblich ist, welche Staatsangehörigkeit die Vertragsparteien haben oder ob sie Kaufleute oder Nichtkaufleute sind oder ob der Vertrag handelsrechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist.

Es steht den Parteien allerdings frei, in ihren Verträgen eine Rechtswahl treffen zu können. Sie können vereinbaren, dass auf den abzuschließenden Vertrag das Recht eines bestimmten Staates anwendbar sein soll. So kommt das UN-Kaufrecht in diesen Fällen auch zur Anwendung, sofern die Rechtswahl das Recht eines Staates betrifft, welcher das UN-Kaufrechtsübereinkommen ratifiziert hat.

Abdingbarkeit des UN-Kaufrechts

Nach Art. 6 CISG steht es den Vertragsparteien frei, das UN-Kaufrecht in wesentlichen Teilen zu ändern.

Vereinbaren die Vertragsparteien, dass auf den Vertrag deutsches Recht anwendbar sein soll, beinhaltet dies zugleich die Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts, da die Regelungen des CISG in das deutsche Recht übernommen worden sind. Nur wenn die Parteien in ihrem Vertrag eine Vertragsklausel einfügen wie beispielsweise „Dieser Vertrag unterliegt deutschem Recht mit Ausnahme des UN-Kaufrechts“, findet das UN-Kaufrecht keine Anwendung. In diesem Fall gilt dann lediglich das (vereinbarte) innerstaatliche (deutsche) Recht.

Die wichtigsten Bestimmungen des UN-Kaufrechts

Nachfolgend sollen die wichtigsten Bestimmungen des CISG kurz erläutert werden:

Vertragsabschluss

Hier enthält das CISG in Art. 14 – 24 Regelungen zum Zustandekommen des Vertrages:

Widerruf eines Angebots

Im deutschen Recht ist der Anbieter an sein Angebot gebunden, sobald dieses dem Anderen zugegangen ist. 9

Nach dem CISG kann das Angebot auch noch nach Zugang widerrufen werden, wenn der Andere seine Annahmeerklärung noch nicht abgeschickt hat, Art. 15, 16 Abs. 1 CISG.

Ein Angebot kann jedoch nicht widerrufen werden, wenn es durch Bestimmung einer festen Frist zur Annahme oder auf andere Weise zum Ausdruck bringt, dass es unwiderruflich ist, oder wenn der Empfänger vernünftigerweise darauf vertrauen konnte, dass das Angebot unwiderruflich ist, und er im Vertrauen auf das Angebot gehandelt hat, Art. 16 Abs. 2 CISG.

Das kaufmännische Bestätigungsschreiben

In Deutschland ist das sog. Kaufmännische Bestätigungsschreiben gewohnheitsrechtlich anerkannt. Schweigt unter Kaufleuten der Vertragspartner auf ein solches Schreiben, dann gilt der Vertrag mit dem Inhalt des Schreibens als vereinbart.

Im CISG ist das Kaufmännische Bestätigungsschreiben nicht geregelt, da es in vielen anderen Ländern unüblich ist. Hier sollte auf die genaue Formulierung geachtet werden, um den Vertragspartner nicht zu verwirren. Ist der bloß klarstellende Inhalt nicht eindeutig zu erkennen, kann es als eigenständiges oder abgeändertes Angebot bzw. bereits als Annahme des gemachten Angebotes verstanden werden und gelten. 10

Ob das Kaufmännische Bestätigungsschreiben die gleiche Wirkung wie in Deutschland hat, hängt davon ab, ob es im Land des Vertragspartners einen ähnlichen Brauch gibt und der Vertragspartner aufgrund häufiger Geschäftsbeziehungen oder aufgrund der Vereinbarung dieses Brauches im Vertrag die Wirkung des kaufmännischen Bestätigungs- schreibens kennt. Gleiche Wirkung wie in Deutschland hat das Kaufmännische Bestätigungsschreiben in Dänemark, Polen, Türkei, Schweiz und Teilen der USA. Die meisten Gerichte anderer Länder messen dem Kaufmännischen Bestätigungsschreiben aber zumindest eine Beweisfunktion zu.

UN-Kaufrecht und Allgemeine Geschäfts-bedingungen

Die Einbeziehung von allgemeinen Geschäftsbedingungen in internationale Kaufverträge richtet sich nach den Vorschriften der Art.14 ff. des CISG.

In erster Linie ist durch Auslegung zu ermitteln, ob die allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestandteil des Angebots sind, was sich aus den vorangegangenen Verhandlungen, bestehenden Gepflogenheiten oder internationalen Gebräuchen ergeben kann.

Die Rechtsprechung fordert für eine ausreichende Kenntnisnahme, dass der Verwender den Text der Geschäftsbedingungen „übersendet oder anderweitig zugänglich macht“. 11

Dem UN-Kaufrecht lässt sich jedoch nirgendwo entnehmen, dass der Vertragspartner sich über die verwendeten AGB erkundigen muss, damit diese wirksam einbezogen werden. Vielmehr sollten Verwender ihre Bedingungen dem Vertragspartner unaufgefordert zukommen lassen. Dabei spielen die Artikel 14ff. CISG eine wesentliche Rolle. Sie regeln zwar grundsätzlich nur das Zustandekommen internationaler Verträge. Da das UN-Kaufrecht jedoch keine speziellen Regelungen zur Einigung auf Geschäftsbedingungen kennt, erstreckt sich deren Wirkung auch auf die Einbeziehung von AGB. Dies lässt nur den Schluss zu, dass die AGB, genauso wie all die anderen Vertragsbedingungen letztendlich in das zum Vertragsschluss führende Angebot aufgenommen werden müssen. Somit ist ein bloßer Hinweis auf die AGB ohne die Übermittlung des Textes unzureichend. Daher ist bei internationalen Verträgen folgendes zu beachten:

Die AGB-Klauseln sollten dem Vertragspartner bis zum Zeitpunkt der erklärten Vertragsannahme vorliegen.

Bis zur erklärten Vertragsannahme muss der Verwender deutlich machen, dass die AGB Teil seines Vertragsangebots sind.

Zudem sollte der Verwender das Vertragsangebot so verfassen, dass der Vertragspartner, durch dessen Annahme auch die zu vermutende Kenntnis eines Geltungshinweises auf die vorliegenden AGB erklärt.

Andererseits müssen die AGB körperlich nicht fest mit dem Vertragsangebot verbunden sein und nicht zeitgleich mit diesem zugehen. Vielmehr genügt es, wenn der Wortlaut der AGB unaufgefordert vorgelegt wird, sowie der eindeutige Hinweis darauf, dass die AGB in ihrer Gesamtheit Teil des Vertragsinhalts sein sollen.

Im internationalen Rechtsverkehr sollten die AGB, aus Gründen der Rechtssicherheit, dem Angebot beigelegt werden, damit keine Unklarheiten entstehen können, ob sie Vertragsbestandteil geworden sind. Ein Hinweis auf eine Webseite genügt in diesem Fall nicht. Dies sollte auch dann so gehandhabt werden, wenn das UN-Kaufrecht wirksam ausgeschlossen wurde.

Zum Teil wird von verschiedenen Gerichten auch die sog. Regel des letzten Wortes („last shot rule“) vertreten, nach der die zuletzt übersandten AGB uneingeschränkt gelten. Auch aus diesem Grund, sollten die eigenen AGB bei jeder Warensendung nachweisbar beigefügt sein.

Demgegenüber vertritt der Bundesgerichtshof die zuvor geschilderte Ansicht der “übereinstimmenden Willenserklärungen”. Danach soll das allgemeine Recht lediglich für die Bedingungen gelten, die voneinander abweichen. International wird solch eine Auslegung weitestgehend bevorzugt.

Vertragspflichten

Der III. Teil des CISG behandelt die Pflichten des Verkäufers sowie die Rechtsbehelfe des Käufers bei Pflichtverletzung durch den Verkäufer (Art. 30 – 52) und Kapitel III, das umgekehrt die Pflichten des Käufers sowie die Rechtsbehelfe des Verkäufers bei Pflichtverletzung durch den Käufer regelt (Art. 53 – 65).

Der Gefahrenübergang wird in Kapitel IV geregelt (Art. 66 – 70).

Ein Grundprinzip des III. Teils ist der Vorrang der Vertragsfreiheit (Art. 6):

Die Parteien können von den fast durchweg nicht zwingenden Regeln des CISG abweichen.

Das gibt den Parteien einen weiten Gestaltungsspielraum, in dessen Rahmen sie ihre Rechte und Pflichten umgestalten können. Die weite Gestaltungsfreiheit der Parteien findet ihre Grenze allerdings in zwingenden Vorschriften des nationalen Rechts (Art. 4 lit. a CISG).

Handelsbräuche

Art. 9 CISG erklärt internationale Handelsbräuche ausdrücklich für gültig, schließt aber gleichzeitig lediglich nationale Bräuche aus. So kann im Geltungsbereich des UN-Kaufrechts beispielsweise nicht davon ausgegangen werden, dass ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben die gleiche Bedeutung wie im innerstaatlichen Recht hat.

Die wichtigsten Regelungen des CISG in diesem Zusammenhang sind:

Die Art. 30 ff. CISG regeln die Pflichten des Verkäufers. Danach ist der Verkäufer insbesondere dazu verpflichtet, die verkaufte Ware zu liefern, die sie betreffenden Dokumente zu übergeben und das Eigentum an der Ware zu übertragen.

Gefahrübergang

Diese Frage hat bei Kaufverträgen über bewegliche Sachen eine ganz besondere Bedeutung. Mit dem Gefahrübergang bezeichnet man den Zeitpunkt in dem das Risiko des (zufälligen) Untergangs, der Zerstörung oder Beschädigung der Sache vom Verkäufer auf den Käufer übergeht.

Gemäß Art. 31 CISG geht das UN-Kaufrecht grundsätzlich vom Versendungskauf aus. Dies bedeutet, dass der Verkäufer seiner Pflicht die Ware zu liefern, nachgekommen ist, wenn er die Ware dem ersten Beförderer zur Übermittlung an den Käufer übergeben hat.

Infolgedessen geht die Gefahr des Untergangs (der Zerstörung) oder der Beschädigung bereits zu diesem Zeitpunkt auf den Käufer über.12 Im Falle einer vertraglichen Vereinbarung über die Versendung ist jeweils durch Auslegung zu ermitteln, ob damit lediglich eine Regelung über die Kostentragung oder aber eine regelrechte Bringschuld des Verkäufers geschuldet sein soll. Zur Vermeidung von Unklarheiten bei der Vertragsauslegung empfiehlt es sich, ausdrücklich und eindeutig zu vereinbaren, welche Regelung von den Vertragsparteien tatsächlich gewollt ist.

Dies kann zum Beispiel durch folgende Formulierung geschehen: „Versand durch den Verkäufer auf Kosten und Gefahr des Käufers.“

Der Verkäufer hat Ware zu liefern, die in Menge, Qualität und Art sowie hinsichtlich der Verpackung der vertraglichen Einigung entspricht. Das UN-Kaufrecht geht daher wie auch das deutsche Recht zunächst von einem subjektiven Mangelbegriff aus. Dies bedeutet, dass sich die Frage, ob eine mangelfreie oder mangelhafte Sache geliefert worden ist, zunächst nach den Vereinbarungen der Parteien richtet. D. h. zunächst sind die Beschreibung der Ware sowie bestimmte festgelegte Qualitätskriterien maßgebend. Haben die Vertragsparteien diesbezüglich nichts vereinbart, sind für die Beurteilung der Frage der Mangelfreiheit allgemeine objektive Maßstäbe zugrunde zu legen.

Zudem muss die Ware zum Zeitpunkt der Übergabe frei von Rechten und Ansprüchen Dritter sein. Auch an dieser Stelle unterscheidet sich das UN-Kaufrecht vom innerstaatlichen Kaufrecht. Während im innerstaatlichen Recht ein Rechtsmangel nur dann gegeben ist, wenn das geltend gemachte, dem Kaufvertrag widersprechende Recht tatsächlich besteht, ist ein Rechtsmangel im Sinne des UN-Kaufrechts bereits dann anzunehmen, wenn ein Anspruch eines Dritten geltend gemacht wird. Auf das tatsächliche Bestehen des vermeintlichen Rechtsmangels kommt es im UN-Kaufrecht nicht an.

Voraussetzung einer Haftung des Verkäufers ist gemäß Art. 39 CISG eine vorherige Rüge des Käufers. Dieser muss die Ware innerhalb einer angemessenen Frist selbst untersuchen oder untersuchen lassen, wie es die Umstände erlauben. Die Bemessung der Frist ist individuell zu bestimmen. In den meisten Fällen sind dafür ein bis zwei Wochen ausreichend. Im Einzelfall, insbesondere bei verderblichen Waren oder bei offenkundigen Mängeln, kann die Frist aber auch deutlich kürzer ausfallen. Die Frist beginnt mit dem Eintreffen der Ware beim Käufer zu laufen.

Hat der Käufer die Mangelhaftigkeit der Ware nicht oder nicht rechtzeitig gerügt, hat er dafür jedoch eine „vernünftige Entschuldigung“, kann er dennoch gemäß Art. 44 CISG den Kaufpreis herabsetzen oder Schadensersatz – mit Ausnahme des entgangenen Gewinns – verlangen.

Unabhängig von der Frage einer angemessenen Frist verliert der Käufer seine Gewährleistungsrechte, wenn er die Vertragswidrigkeit nicht innerhalb von zwei Jahren nach tatsächlicher Übergabe der Waren an seine Person anzeigt.

In Art. 45 ff. CISG sind die Ansprüche aufgeführt, die dem Käufer im Falle einer Vertragsverletzung zur Verfügung stehen. Es sind im Einzelnen:

Nacherfüllung

Nach § 439 BGB hat der Käufer bei jedem Mangel das Recht auf Nachlieferung oder Nachbesserung (Wahl des Verkäufers).

Nach Art. 46 CISG hat der Käufer das Recht auf Nachlieferung nur bei wesentlichen Vertragsverletzungen. Bei nicht wesentlichen Vertragsverletzungen hat er nur das Recht auf Nachbesserung, falls dies dem Verkäufer zumutbar ist. Ist Nachbesserung nicht zumutbar, bleiben nur die Ansprüche auf Minderung des Kaufpreises und Schadensersatz.

Ersatzlieferung

Entspricht die gelieferte Ware nicht den vertraglichen Vereinbarungen, so hat der Käufer einen Anspruch auf die Lieferung einer (mangelfreien) Ware. Dies entspricht der Regelung im BGB. 13

Minderung

Dies bedeutet, dass der Käufer bei einem Mangel der Kaufsache eine angemessene Herabsetzung des Kaufpreises verlangen kann. Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln. 14

Schadensersatz - ohne Verschulden

Anders als im bundesdeutschen Kaufrecht haftet der Verkäufer grundsätzlich ohne Verschulden. Bei jeder Art von Leistungsstörung ist er verpflichtet, Schadensersatz zu leisten. Anders als im deutschen Kaufrecht müssen keine weiteren Voraussetzungen erfüllt sein – insbesondere kommt es auf ein Verschulden des Verkäufers grundsätzlich nicht an (Garantiehaftung). Vielmehr ist es völlig ausreichend, dass der Verkäufer seine Ware nicht rechtzeitig liefert, eine Mahnung des Käufers oder ein Verzug ist nicht erforderlich. Genauso führt die bloße Lieferung mangelhafter vertragswidriger Ware zu einem Schadensersatzanspruch, wenn der Käufer die Vertragswidrigkeit rechtzeitig und ordnungsgemäß gerügt hat. Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang auch, ob es sich um eine wesentliche oder unwesentliche Vertragsverletzung handelt.

Das CIS I.G. geht vielmehr davon aus, dass alle dem Käufer durch eine Pflichtverletzung des Verkäufers entstanden Nachteile auszugleichen sind. Die Höhe des zu leistenden Schadensersatzes wird allein durch das Kriterium der Vorhersehbarkeit begrenzt.

Nach Art. 79 CISG ist die Haftung des Verkäufers jedoch ausgeschlossen, wenn der Hinderungsgrund außerhalb seines Einflussbereichs liegt.

Rücktritt vom Vertrag

Nur für den Fall einer wesentlichen Vertragsverletzung.

Pflichten des Käufers

Der Käufer ist gemäß Art. 53 CISG verpflichtet, den Kaufpreis zu bezahlen und die Ware abzunehmen. Die Zahlung hat, sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben, am Sitz des Verkäufers zu erfolgen. Sofern die Zahlung per Überweisung erfolgt, gilt sie somit erst dann als erfolgt, wenn der Kaufpreis auf dem Konto des Verkäufers gutgeschrieben wurde.

Kommt der Käufer seiner Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises und Abnahme der Kaufsache nicht nach oder wird eine fehlende Zahlungsfähigkeit bereits vor der Fälligkeit der Zahlung offensichtlich, so stehen dem Verkäufer die folgenden Rechtsbehelfe zur Verfügung:

Rücktritt vom Vertrag

Nachfristsetzung mit Rücktrittsandrohung

Zurückbehaltungsrecht an der Ware

und schließlich

Schadensersatz (siehe oben).

Beweislast

Nach § 363 BGB muss der Käufer beweisen, dass ein Mangel vorliegt und dass dieser bereits bei Gefahrübergang vorlag.

Auch im UN-Kaufrecht muss der Käufer beweisen, dass die Sache mangelhaft ist und dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorlag.

Haftungsumfang

Im BGB gibt es keine gesetzliche Haftungsbeschränkung.

Nach Art. 74 Satz 2 CISG ist der Haftungsumfang allerdings auf das bei Vertragsschluss abschätzbare Haftungsrisiko beschränkt.

Ausschluss der Gewährleistung

Nach § 442 BGB ist die Haftung des Verkäufers für jede Art von Mangel ausgeschlossen, wenn der Käufer den Mangel kannte. Kannte der Käufer den Mangel grob fahrlässig nicht, dann kann er seine Rechte nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat oder eine diesbezügliche Garantie übernommen hat.

a) Art. 35 Abs. 3 CISG schließt – genau wie im deutschen Recht – die Haftung des Verkäufers aus, wenn der Käufer den Mangel kannte oder kennen musste. Diese Regelung betrifft jedoch nur den Sachmangel.

b) Bei einem Rechtsmangel wird der Verkäufer nach Art. 41 CISG nicht durch die Kenntnis des Käufers von der Haftung frei, sondern nur, wenn der Käufer eingewilligt hat, eine mit einem Anspruch behaftete Ware anzunehmen. Die Rechtsprechung nimmt jedoch bei Kenntnis in der Regel eine konkludente Einwilligung an.

Gerichtsstandsvereinbarungen

Die vertragliche Vereinbarung eines Gerichtsstandes, also die Einigung auf ein bestimmtes Gericht, für den Fall, dass die Vertragsparteien in Zukunft einen Rechtsstreit führen werden, kann in vielen Fällen sinnvoll sein. Sie ist beim Vertragspartner allerdings oft nicht leicht durchsetzbar. Ein großer Vorteil ist jedoch, dass beiden Parteien klar ist, vor welchem Gericht ein Rechtsstreit zu führen wäre und welches Recht Anwendung findet.

Für den Fall, dass die Parteien einen deutschen Gerichtsstand vereinbaren, sollte unbedingt geprüft werden, ob Urteile deutscher Gerichte im Land des Vertragspartners überhaupt vollstreckt werden können. Dies ist zum Beispiel in der Europäischen Union, sowie über das Lugano-Übereinkommen auch in der Schweiz, Norwegen und Island der Fall.

Die Parteien sollten zudem das jeweilige nationale Recht des jeweiligen Gerichtsstandes vereinbaren, um einen Rechtsstreit nicht unnötig zu verkomplizieren und dadurch zeitliche Verzögerungen herbeizuführen.

Schiedsgerichtsverfahren

Häufig vereinbaren die Parteien auch, die Entscheidung eines Schiedsgerichts einzuholen.

Auf internationaler Ebene haben die Entscheidungen der Schiedsgerichte enorm an Umfang und Bedeutung gewonnen.

Schiedsgerichte entscheiden meist schneller in ihrer Entscheidungsfindung, da es nur eine Instanz gibt. Schiedsurteile sind zudem oft sachgerechter, da die Schiedsrichter meistens Fachleute sind. Schließlich werden Schiedsverfahren nicht öffentlich durchgeführt, was bei geheimhaltungsbedürftigen Streitgegenständen ein weiteres Argument für ein Schiedsverfahren sein kann.

Die Vollstreckbarkeit von Schiedsurteilen von Schiedsgerichten, wie beispielsweise des Schiedsgerichts bei der Internationalen Handelskammer in Paris, ist im UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche geregelt, dem die weitaus meisten Staaten beigetreten sind.15

 

 

1 Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung

 

2 Daneben natürlich auch Leasing, Franchiseverträge u.s.w.

 

3 Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können (§13 BGB).

 

4 Nr. 44/2001

 

5 Verordnung Nr. 593/08 Ziff. (15)

 

6 §§ 305 – 310 BGB

 

7 BGBl. 1989 II Seite 588

 

8 https://uncitral.un.org/en/texts/salegoods/conventions/sale_of_goods/cisg/status

 

9 §§ 130 Abs. 1, 145 BGB

 

10 vgl. Art. 8, 9 CISG.

 

11 BGH CISG-Online Nr. 617 (31.10.2001,

VIII ZR 60/01)

 

12 Vgl. auch § 447 BGB

 

13 § 439 Abs. 1 BGB

 

14 § 441 BGB

 

15 Eine aktuelle Liste der Vertragsstaaten findet sich unter http://www.uncitral.org.

 

16 Schwenzer/Kee: International Sales Law: The Aktual Practice (425)

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