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Die Verlagerung betriebliche Aktivitäten und Geschäftsbereiche wie Produktion, Forschung und Entwicklung oder Vertrieb zu ausländischen Tochterunternehmen oder Betriebsstätten hat in den letzten Jahrzehnten erheblich an Umfang zugenommen. Dieses Phänomen wird im Steuerrecht als „Funktionsverlagerung“ oder auch als „Wegzugsbesteuerung“ bezeichnet.
Es betrifft in der Praxis sowohl internationale Konzerne als auch klein und mittelständische Unternehmen, die mittels Direktinvestitionen im Ausland tätig werden.
Hierfür gibt es die unterschiedlichsten Gründe, wie beispielsweise Standortvorteile, die Nähe zu Absatzmärkten, Rohstoffen oder Arbeitskräften, der Zwang eines Endkunden (just in time Lieferung) sowie Steuervorteile bzw. -anreize.
Die Motive für Verlagerung in das Ausland sind jedoch im Wesentlichen kostenorientiert. So wurde die Verringerung der Lohnkosten und anderer Kosten von 84,4 % bzw. 62,1 % der betreffenden Unternehmen in den Jahren 2014-2016 als eher wichtig bewertet. Andere mögliche Motive, wie geringere staatliche Regulierung im Ausland, Mangel an Fachkräften im Inland oder Zugang zu Rohstoffen wurden hingegen als überwiegend unwichtig bewertet.[1]
Der Gesetzgeber hat auf diese Entwicklung durch das Unternehmensteuerreformgesetz aus dem Jahr 2008 reagiert. Die Umsetzung erfolgte durch eine Reform des Außensteuergesetzes (AStG)[2]. Einzelheiten sind in der
„Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 Abs. 1 des Außensteuergesetzes in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen“ (FVerlV) geregelt[3].
Die Auffassung der Finanzverwaltung ergibt sich aus dem Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 13.10.2010, IV B 5 – S-1341/08/10003, BStBl. 2010 I S. 774, den Verwaltungsgrundsätzen Funktionsverlagerung.
Begründet wurde die Regelung mit der Notwendigkeit der Erfassung stiller Reserven in wertvollen immateriellen Wirtschaftsgütern, da diese regelmäßig unter hohem Kostenaufwand in Deutschland geschaffen werden und deren Verwertung infolge der sog. Funktionsverlagerung der deutschen Besteuerung entzogen wird.
Die Regelungen der Funktionsverlagerung sollen gleichzeitig ausländische Steuerstandorte unattraktiv machen, indem der "Wegzug" aus Deutschland zu erheblichen Steuerbelastungen führen kann.
Für die steuerlich Praxis ist diese Funktionsverlagerungsverordnung von entscheidender Bedeutung. Deshalb sollen nachfolgend die wichtigsten Regelungen und Begriffe etwas ausführlicher erläutert werden.
Die besondere Schwierigkeit bei Anwendung der Verordnung besteht darin, dass häufig immaterielle Wirtschaftsgüter übertragen oder überlassen werden, die als nicht geschütztes Know-how nach § 5 Abs. 2 EStG[4] nicht bilanziell ausgewiesen werden und deshalb im Zweifel für die Betriebsprüfung schwer zu erkennen sind. In der Folge sind auch die ihnen innewohnenden Verwertungsmöglichkeiten z. B. Arbeitnehmer-überlassungen (mit immanentem Know-how-Transfer) nur schwer zu erfassen.
Die gesetzlichen Regelungen der Funktionsverlagerungsverordnung im Einzelnen
Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wurde ein neuer Absatz 3 in § 1 des Außensteuergesetzes (AStG) eingefügt, der die gesetzlichen Regelungen zum international anerkannten „Fremdvergleichsgrundsatz“ [5] präzisiert und Bestimmungen zur steuerlichen Behandlung für alle Fälle von Funktionsverlagerungen enthält (§ 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG).
Dies bedeutet, dass verbundene Unternehmen Verrechnungspreise ansetzen müssen, die jenen Preisen entsprechen, die zwischen unabhängigen Geschäftspartnern vereinbart worden wären. Dies gilt auch im Verhältnis zwischen der Betriebsstätte und dem Stammhaus eines Unternehmens.
Der Fremdvergleichungsgrundsatz wurde in der Funktionsverlagerungsverordnung durch den Verordnungsgeber präzisiert. Der Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung ist weit gesteckt, wird aber von der Verordnung zunächst nur für Fälle der Funktionsverlagerungen und Funktionsverdoppelungen ausgenutzt, um für Rechtssicherheit und Klarheit in diesem Bereich zu sorgen. Insbesondere sollen Funktionsverdoppelungen klar von Funktionsverlagerungen abgegrenzt werden. Mit den Zielen der internationalen Wettbewerbsneutralität sollen die OECD-Verrechnungspreisleitlinien von 1995 rechtstechnisch umgesetzt werden.
Nachfolgend werden die wichtigsten Begriffe und Regelungen der Funktionsverlagerungsverordnung erläutert:
Begriff der „Funktion“
Unter einer „Funktion“ versteht die Funktionsverlagerungsverordnung die „Zusammenfassung gleichartiger betrieblicher Aufgaben einschließlich der dazu gehörigen Chancen und Risiken in einer betrieblichen Sparte“
Bei Geschäftstätigkeiten, die zur Geschäftsleitung, Lagerhaltung, Produktion, Vertrieb oder Verwaltung gehören, kann es sich um Funktionen in diesem Sinne handeln (Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung, Rn. 15). Im Vergleich zu sonstigen Unternehmensteildefinitionen bleibt die Fassung deutlich hinter dem Teilbetrieb (etwa des § 16 Abs. 1 EStG) und dem Betriebsteil (§ 12 Abs. 3 UmwStG) zurück. Die steuerlichen Voraussetzungen für einen Teilbetrieb müssen demnach nicht vorliegen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 FVerlV). Demgegenüber erhält die Geschäftschance Einzug in das geschriebene Recht. Deren Übertragung wird sogar in den Rang eines Geschäftsvorfalls gehievt.
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Eine Funktionsverlagerung (§ 1 Abs. 2 FVerlV) liegt vor, wenn eine Funktion einschließlich der dazugehörigen Chancen und Risiken und Wirtschaftsgüter oder sonstige Vorteile eines Unternehmens auf ein anderes nahe stehendes Unternehmen verlagert wird. Dieses übernehmende Unternehmen übt die Funktion aus, die in der Vergangenheit vom verlagernden Unternehmen ausgeübt worden ist.
Sie liegt ebenfalls vor, wenn die Funktion durch das übernehmende Unternehmen nur zeitweise ausgeführt wird (§ 1 Abs. 2 Satz 3 FVerlV).
Unterschiedliche Geschäftsvorfälle der letzten fünf Jahre werden dabei zu einer einheitlichen Funktionsverlagerung zusammengefasst, wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 FVerlV erfüllt sind [6] (§ 1 Abs. 2 Satz 3 FVerlV).
Einzelne Transaktionen führen noch nicht zu einer Funktionsverlagerung. [7]
Eine Funktionsverlagerung kann aber in den Fällen der Personalentsendung ausnahmsweise dann vorliegen, wenn das entsandte Personal seinen bisherigen Zuständigkeitsbereich aus dem entsendenden Unternehmen mitnimmt und im aufnehmenden Unternehmen neu ausübt. [8]
Betriebswirtschaftlich betreffen Funktionsverlagerungen einen Vorgang, bei dem Funktionen wie Design, Herstellung, Forschung Vertrieb, Marketing etc. von einer Betriebsstätte eines Konzerns auf eine andere Betriebsstätte übertragen werden. Durch die Verlagerung der Funktion muss das übergebende Unternehmen in seiner Ausübung der betreffenden Funktion eingeschränkt sein.
Outbound- bzw. Inbound-Verlagerung
Findet die Verlagerung über die (deutsche) Grenze statt, spricht man von einer sog. Outbound- bzw. Inbound-Verlagerung. Diese ist in zwei Richtungen möglich:
Bei einer Outbound-Verlagerung werden die Funktionen ins Ausland verlagert.
Im Falle einer Inbound-Verlagerung werden Unternehmensteilbereiche nach Deutschland (zurück) verlagert.
Gerade immaterielle Wirtschaftsgüter wie Markenrechte, Patente oder – ganz allgemein – Firmen-Know-how werden häufig übertragen!
Diese Übertragungen sind auch weiterhin gesetzlich möglich!
Ziel der Funktionsverlagerungsverordnung ist es aber, das im Inland geschaffene Steuersubstrat bei Outbound-Verlagerungen zu erfassen und im Inland zu besteuern.
Unter einem Transferpaket versteht man die Übertragung einer Funktion als Ganzes, einschließlich der mit übergehenden Chancen und Risiken, Wirtschaftsgüter sowie Vorteile und der in diesem Zusammenhang erbrachten Dienstleistungen.[9]
Gewinnpotential
Unter Gewinnpotential sind die Gewinn-aussichten der übergehenden Funktion, bewertet zum Barwert nach Steuern, als Ganzes (Transferpaket) aus der Sicht des verlagernden Unternehmens sowie aus der Sicht des übernehmenden Unternehmens zu verstehen (§ 1 Abs. 4 FVerlV). Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter würde nicht unentgeltlich auf diese Aussichten verzichten (Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung, Rn. 30).
2.5. Funktionsverdoppelung
Von der Funktionsverlagerung abzugrenzen ist die sog. Funktionsverdopplung nach § 1 Abs. 6 FVerlV. Eine solche Verdopplung wird angenommen, wenn beispielsweise im Ausland eine Produktionstätigkeit aufgenommen und im Inland weiterhin unverändert die bisherige Produktion ausgeführt wird (Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung, Rn. 43). Führt die Verlagerung einer Funktion bei dem übergebenden Unternehmen innerhalb von fünf Jahren zu keiner Einschränkung in der Ausübung dieser Funktion, liegt eine Funktionsverdoppelung vor, für die die Regelungen zum Transferpaket nicht anwendbar sind. Kommt es innerhalb dieser fünf Jahre beim alten Unternehmen zu einer solchen Einschränkung, liegt ab diesem Zeitpunkt eine Funktionsverlagerung vor, sofern der Steuerpflichtige nicht beweisen kann, dass die Einschränkung im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang steht (§ 1 Abs. 6 FVerlV).
Ob tatsächlich eine Funktionsverlagerung anzunehmen ist, die zu einer Besteuerung führen kann wird anhand der sog. Verrechnungspreise ermittelt.[10]
Was wird nun unter »Preisen« und »Verrechnungspreisen« verstanden?
Unter einem »Verrechnungspreis« wird der tatsächliche für eine zwischen verbundenen Unternehmen erbrachte Lieferung oder Leistung vereinbarte Preis verstanden.
Der Verrechnungspreis kann frei zwischen den Vertragsparteien vereinbart werden - es besteht Vertragsfreiheit unter den Parteien unbeschadet der Tatsache, dass sich die steuerliche Gewinnermittlung an dem sog. Fremdvergleichspreis orientiert.
Für die Bestimmung des „richtigen“ Verrechnungspreises[11] zwischen dem übergebenden und dem übernehmenden Unternehmen wird auf das Gesamtentgelt für das übergehende Transferpaket abgestellt. Eine Einzelbewertung der verschiedenen Bestandteile, beispielsweise der Wirtschaftsgüter, findet nicht statt
Das Transferpaket besteht aus der Summe der übertragenen Wirtschaftsgüter und den Chancen (abzüglich der Risiken) sowie den sonstigen Vorteilen, ausgehend von dem Gewinnpotential[12]
Dieses wiederum ergibt sich aus den Gewinnerwartungen, die auf der Grundlage einer Funktionsanalyse (vor/nach Übertragung) ermittelt werden (= Barwert), und einem Kapitalisierungszinssatz, der grundsätzlich als unbegrenzt zu Grunde gelegt wird.
Unter Gewinnpotential [13] versteht die Funktionsverlagerungsverordnung den Reingewinn (Barwert), auf den der »ordentliche Geschäftsleiter« des verlagernden Unternehmens nicht unentgeltlich verzichten würde.
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Diese Frage ist bislang vom EuGH nicht entschieden worden!
Es käme allerdings ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 52 EG-Vertrag; jetzt Art. 43 EG) in Betracht:
Durch die Verschärfung der Bewertung nach § 1 AStG kann die Niederlassungsfreiheit in einem EU-Mitgliedsstaat beeinträchtigt werden. Der Grund hierfür liegt in einer – nur bei grenzüberschreitenden Funktionsverlagerungen – verschärften Rechtsfolge, die bei rein nationalen Transfers nicht eintreten würde!
Die Diskussion wird – wie in solchen Fällen immer – bei den Rechtfertigungsgründen geführt. Als solche kommen nur zwingende Gründe des Allgemeininteresses, nicht hingegen die bloße Sicherung nationalen Steuersubstrats in Betracht.
So wurde die Sofortversteuerung bloßer Gewinnchancen von der Rechtsprechung des EuGHs schon bei der Wegzugsbesteuerung (Hughes de Lasteyrie du Saillant; EuGH vom 11.3.2004, C 9/02[16]) zum Anlass eines Europarechtswidrigkeit genommen.
Es ist also durchaus eine Überlegung wert, sich gegen entsprechende Steuerbescheide zu wehren!
[1] statistisches Bundesamt (2019)
[2] Siehe: https://www.gesetze-im-internet.de/astg/
[3] Siehe: https://www.gesetze-im-internet.de/fverlv/
[4] Nach § 5 Abs. 2 Einkommensteuergesetz ist für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden.
[5] § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG enthält eine allgemeine Ermächtigung für den Erlass einer Verordnung zur Einführung von Fremdvergleichsgrundsätzen. Der Bundesrat hat am 4.7.2008 der vom BMF vorgelegten Funktionsverlagerungsverordnung – FVerlV zugestimmt. In einem ergänzenden Anwendungsschreiben des BMF (Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung, BMF vom 13.10.2010, BStBl I 2010, 774) werden weitere Einzelheiten anhand von Beispielen verdeutlicht. Die FVerlV vom 12.8.2008 (BGBl I 2008, 1680) galt erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008.
[6] (§ 1 Abs. 2 Satz 3 FVerlV)
[7] (§ 1 Abs. 7 FVerlV).
[8] (vgl. Begründung zu § 1 Abs. 7 FVerlV)
[9] (§ 1 Abs. 3 FVerlV)
[10] Nach der Gesetzesbegründung werden die Verrechnungspreise in § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG n.F. in inhaltlicher Übereinstimmung mit internationalen Grundsätzen gesetzlich definiert.
[11] § 2 FVerlV
[12] § 1 Abs. 3 Satz 6 AStG
[13] (§ 1 Abs. 4 FVerlV)
[14] § 1 Abs. 3 Satz 11 und 12 AStG n.F
[15] (Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung, Rn. 136)
[16] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/TXT/?uri=CELEX:62002CJ0009
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Hier kommen wir zu einer besonders wichtigen Regelung: Das Außensteuergesetz eröffnet der Finanzverwaltung die Möglichkeit, umfassende rückwirkende Preisanpassungen bzgl. des ermittelten Verrechnungspreises für das Transferpaket durchzuführen. [14] Derartige nachträgliche Preisanpassungen durch die Finanzbehörden sind allerdings nur dann möglich, wenn von den beteiligten Unternehmen keine Preisanpassungsklausel vereinbart wurde[15]. Begründet wird diese Regelung damit, dass der hypothetische Fremdvergleich mangels vergleichbarer Fremddaten häufig mit erheblichen Unsicherheiten belastet ist.
Insbesondere wenn wesentliche immaterielle Wirtschaftsgüter und Vorteile im Zusammenhang mit Funktionsverlagerungen übertragen werden, kann sich nachträglich herausstellen, dass die den Preis bestimmenden Faktoren in erheblichem Umfang falsch eingeschätzt worden sind. Diese Annahme seitens der Finanzverwaltung kann allerdings von dem Steuerpflichtigen durch die Beibringung geeigneter Unterlagen widerlegt werden!
Mit dieser gesetzlichen „Fiktion“ von Preisanpassungsklauseln soll eine spätere Berichtigung bereits geprüfter Verrechnungspreise ermöglicht und die Bemessungsgrundlage gegen systematische Unterbewertungen geschützt werden.
§ 1 Abs. 3 Satz 11 f. AStG n.F. kreiert damit ein neues Rechtsinstitut des deutschen internationalen Steuerrechts, nämlich die nachträgliche Korrektur eines »richtigen«, sich dann aber nach Auffassung des Finanzamtes als »falsch« erweisenden Verrechnungspreises.
In der bisherigen Praxis haben Preisanpassungsklauseln vor allem für die Verrechnungspreisgestaltung zwischen Produktions- und Vertriebsgesellschaften eine Rolle gespielt. Nahestehende Personen vereinbaren für entsprechende Geschäfts-beziehungen häufig nachträgliche Preisanpassungen, wenn die Vertriebs-gesellschaft einen Gewinn erzielt, der zu einer fremdunüblichen Umsatzrendite führt. Durch pauschale nachträgliche Preisanpassungen werden alle Verrechnungspreise für Konzernlieferungen korrigiert, bis die Vertriebsgesellschaft eine fremdübliche Umsatzrendite erzielt. Im BMF-Schreiben vom 12.4.2005 (BStBl I 2005, 570) wird die bisherige Ansicht der Finanzverwaltung derart dargestellt, dass nach Abschluss eines Geschäftes vorgenommene nachträgliche Preisermittlungen (Konkretisierung des Preises in absoluter Höhe) dem Grunde nach nur dann für die Besteuerung anzuerkennen sind, wenn im Vorhinein sowohl ein entgeltliches Leistungsverhältnis als auch alle Preisbestimmungsfaktoren vereinbart wurden.
Diese dürfen keiner späteren Einflussnahme eines der an der Geschäftsbeziehung Beteiligten unterliegen. So soll sichergestellt werden, dass die spätere Preisermittlung allein auf bereits vorher festgelegten Rechtsvorgängen beruht.
Dabei muss eine nachträgliche Preisberechnung auf eine bei Vertragsabschluss vorliegende und festgestellte Ungewissheit über eine oder mehrere Preiskomponenten zurückzuführen sein.
In Ausnahmefällen sind nachträgliche Preis-vereinbarungen oder -anpassungen an-zuerkennen, wenn der Steuerpflichtige anhand von Aufzeichnungen glaubhaft macht, dass sie in vergleichbaren Fällen auch zwischen fremden Dritten vorgenommen worden wären.
Insofern hat die Finanzverwaltung zu nachträglichen Preisanpassungen bisher eine eher restriktive Haltung eingenommen.
Sind bei einer Funktionsverlagerung wesentliche immaterielle Wirtschaftsgüter und Vorteile Gegenstand einer Geschäftsbeziehung und weicht die tatsächliche spätere Gewinnentwicklung erheblich von der Gewinnentwicklung, die der Verrechnungspreisbestimmung zugrunde lag ab, so wird (unwiderlegbar) vermutet, dass zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses Unsicherheiten im Hinblick auf die Preisvereinbarung bestanden und unabhängige Dritte eine sachgerechte Anpassungsregelung vereinbart hätten.
Immaterielle Wirtschaftsgüter und Vorteile sind »wesentlich«, wenn ihr Fremdvergleichspreis mehr als 25 % des Gesamtwerts des übergehenden Transferpakets beträgt. Als letztes und immanentes Kriterium ist es notwendig, dass es im Zeitablauf der Funktionsverlagerung zu »erheblichen Abweichungen« der Gewinnentwicklung im Vergleich zu der ursprünglichen zugrunde gelegten Gewinnentwicklung gekommen ist. Unklar bleibt, was der Gesetzgeber unter »erheblichen Abweichungen« versteht.
Der Gesetzgeber geht bei einer erheblichen Abweichung bei der Gewinnentwicklung davon aus, dass »zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses Unsicherheiten im Hinblick auf die Preisvereinbarung bestanden und unabhängige Dritte eine sachgerechte Anpassungsregelung vereinbart hätten«.
Ob dies in der Praxis vorkommt ist mehr als fraglich! Sie sind in der Praxis weder zwischen fremden Dritten noch zwischen verbundenen Unternehmen typisch. Zwischen fremden Dritten werden bei vergleichbaren Veräußerungs-vorgängen im Regelfall keine rückwirkenden Preisanpassungen vereinbart. Falls solche überhaupt vereinbart würden, dann sind die Anpassungen nur kurzfristig (i.d.R. für einen Zeitraum von einem bis drei Jahren) vorgesehen. Man sieht gerade aufgrund der beträchtlichen Schwierigkeiten, die die Ausgestaltung und Handhabung einer späteren Kaufpreiskorrektur mit sich bringen, von der Vereinbarung einer Preisanpassungsklausel ab. Diese Schwierigkeiten liegen dabei in der Neubewertung der Wirtschaftsgüter und eines ggf. erworbenen Geschäftswertes und den dazugehörigen Abschreibungen.
Natürlich kommt es in der Praxis oftmals zu Fehleinschätzungen, die sich später entweder zu einem Fehlkauf oder einem »günstigen« Kauf herausstellen. Zu diesem Zweck wird vor jeder (größeren) Transaktion eines Unternehmenskaufs seitens des Käufers eine „Due Diligence“ durchgeführt mit dem Ziel, möglichst alle Chancen und Risiken des zu übernehmenden Unternehmens zu erfassen und wertmäßig im Kaufpreis zu berücksichtigen. Eine nachträgliche Änderung des Kaufpreises ist dahingehend unwahrscheinlich. Gängiger ist in der Praxis jedoch die Übernahme von Gewährleistungen oder Garantien des Verkäufers gegenüber dem Käufer (z.B. für die Korrektheit von Steuerrückstellungen, Vorliegen von Prozess- oder Umweltrisiken). Im Außenverhältnis haftet der Käufer zwar für das übernommene Risiko, im Innenverhältnis (zwischen Käufer und Verkäufer) haftet jedoch der Verkäufer gegenüber dem Käufer für entstehende Risikoübernahmen seitens des Käufers. Vor diesem Hintergrund ist die Meinung sachgerecht, dass fremde Dritte Preisanpassungsklauseln nicht typischerweise vereinbaren. Die Regelung einer nachträglichen Preisanpassung ist daher nicht fremdvergleichskonform.
Der Steuerpflichtige hat allerdings die Möglichkeit nachzuweisen, dass voneinander unabhängige Dritte in der gleichen Situation wie die beteiligten nahe stehenden Unternehmen keine Anpassungsregelungen getroffen hätten. Ob und wie ein solcher Nachweis geführt werden kann, ist aber fraglich. Die Gesetzesbegründung und auch die Regelungen der FVerlV enthalten dafür keine Hinweise. Dementsprechend wird es für die verlagernden Unternehmen fast nicht möglich sein, einen Beweis anzuführen.